Montag, 7. Oktober 2013

Vorschau MALUS/Elevate Festival



 Oben und unten: Spätnächtliche Powerpoint- und Screenshotkunst als Nebenprodukt von PowerPoint-in-Progress (Visualierungen für die Performance "Malus"). Wer sehen möchte, wie das ganze als Animation zum Leben erwacht und mit Äpfeln beschossen wird: am 26. Oktober auf nach Graz zum Elevate Festival!
















Und hier vorweg schon der Programmtext:

MALUS
Ein performatives Lehrstück

Konzept, PowerPoint, Performance, Text: Fabian Faltin
Text und Performance: Robert Prosser

“You can't connect the dots looking forward; you can only connect them looking backwards. So you have to trust that the dots will somehow connect in your future. You have to trust your gut, destiny, life, karma, whatever”, pflegte Apple-Gründer Steve Jobs zu predigen. Möge sein Mantra auch diesem performativen Apfel-Lehrstück als Leitast dienen!

Vor- und zurück blicken Faltin/Prosser dabei nicht nur auf Apple Computers, sondern auf entscheidende Wendepunkte in der Kulturgeschichte des Malus Domestica. Vom paradiesischen Fruchtbarkeitsmythos, über den barocken Obstgarten des allmächtigen Louis XIV in Versailles, bishin zum A und O des rationalen Obstbaumschnitts zu Zeiten des österreichischen Wirtschaftswunders und einer herbstlich-apokalyptischen Ahndung des zukünftigen Apple-Baums im Weltall.

Das allegorische Karma bilden dabei projezierte Archivbilder und Texte aus historischen Gartenbüchern, Streuobstprojektile, stimmstarke Sprach- und Schlagzeugkaskaden, sowie der morbid-revolutionäre Gärungsduft echter Äpfel (das sog. Ethylen).

Am 26.10.2013 um 21h beim hoergeREDE/Elevate-Festival, im Minoritensaal in Graz









(Oben: Vergleichende Düngung von Apfelbäumen, Anno 1913. Unten rechts: Apfelpapst Steve Jobs)


Montag, 30. September 2013

Nationalratswahl 2013: Ich bin die 100%

Nationalratswahl 2013: Ich bin die 100%

Zum österreichischen Wahlergebnis kein Erklärungsversuch. Denn Erklärungen führen ohnehin nie weit genug, oder zumindest nicht so weit wie die zu erklärenden, empirisch feststellbaren Tatsachen:

WAHLERGEBNIS_2013

Was aber mag dieses Wahlergebnis für mich persönlich repräsentieren? Entspricht es nicht in irgendeiner Weise auch mir selbst, Österreicher der ich bin? Nein, nein, das kann nicht sein, das geht mir bei allem Relativismus und NEO-Positivismus doch ca. 21,4% zu weit!

Allerdings: wenn nicht mich selbst, erkenne ich in diesem Ergebnis nicht doch das 100%-ige Äquivalent einer durchschnittlichen Stunde Surfen im Internet?

Zumindest für mich, als Akademiker und Autor Jahrgang 1980, kritisch-konformistischer, behelfsbürgerlich sozialisierter Österreicher (gelegentlich auch mit Migrationsgrund), gilt ja folgender Surf-Schlüssel im WWW:

50,9% befinde ich mich im Internet auf irgendwelchen grossen, mainstream-orientierten, relativ gemäßigten und also vermeintlich vernünftigen oder zumindest pragmatisch akzeptablen Seiten, wie Nachrichten-Portalen, Suchmaschinen, Email-Progammen, Enzyklopädien, Social Media, etc. Das ist die Hauptspeise, die grossen Institutionen, die versuchte Simulation des einst real-materiellen Lebens, der grosse inhaltliche Rest vom Fest, das da einmal “Gesellschaft” hieß (=SPÖ+ÖVP).

21,9% der Zeit, Bildschirmfläche, MBs oder sonstwie gültiger Internet-Masseinheiten bin ich mit irgendwelchen Extremismen, Hasstiraden, visuell-sprachlichen Gewaltakten, Rachephantasien oder schrillen Superlativen konfrontiert (=FPÖ).

11,5% meines Internets bestehen aus erfreulichen, avantgardistischen, alternativen, feministisch-solidarisch-ökologisch engagierten Protesten und moralischen Empörungen gegen diese wahrlich wenig erbaulichen 21,9%, wobei aber leider der Dialog mit den auch nicht ganz unerheblichen 50,9% meist ein wenig zu kurz zu kommen scheint (=Grüne).

head_biowoche_neu_01
(Oben, nicht im Bild: die fehlenden 88,5%)

3,6% des Internets sind so dunkel wie mein bürgerliches Unterbewusstsein, sind Seiten, bei denen mein Über-Ich zum Glück immer noch Scham genug empfindet, um einfach davonzulaufen (=BZÖ).

freud

10,6% meines täglichen konsumierten Internet-Contents ist expliziter Marktplatz, ist käuflich, oder schon gekauft, oder sonstwie privatwirtschaftlich-kommerziell motiviert, beispielsweise Seiten wie oebb.at, westbahn.at, netbanking.at, willhaben.at sowie auch amazon.com und sämtliche sonstigen Dot-Coms (=Team Stronach+Neos).

2.0% des Internets (nach Zeit, nicht nach Menge) bestehen schliesslich noch aus wahrhaftigen und tief empfundenen Utopien, Hobbies, Haustierpflege-, Koch- und Basteltipps, Halbprivatwelten, Flohmärkten, Blogs und nicht zuletzt: Kunst. Verlockend und entspannend, aber doch irgendwie zu schrullig, um jemals staatstragend sein zu können (=KPÖ über Männer- bishin zur Piratenpartei).

Austriaheferl

Und entsprechend der Wahlbeteiligung von 65%, gibt es andererseits zum Glück ex negativo noch wenigstens 35% meines Lebens, die überhaupt nichts mit dem Internet zu tun haben, und folglich nicht Teil dieses Wahlergebnisses sind.

Was folgt aus all diesen – ebenso wie unsere geliebte Große Koalition – beschwerlich hinkenden Vergleichen?

Nun, ich meine – bieder soziologisch – dass von der Nachkriegsera bis zur Erfindung des Internets, also im goldenen Zeitalter der Großparteien, der Deckel auf dem gesellschaftlichen Kochtopf einfach noch viel fester saß. Der Staat hatte, dank seiner Großparteien, Autoritäten und linientreuen Medien aller Art, noch gewisse frontale Möglichkeiten, ein offiziell gültiges und legitimiertes Bild der Gesellschaft zu formen, damit diese mindestens so vernünftig aussah wie die Institutionen, die vorgaben, sie zu repräsentieren. Oder, um es noch komplizierter mit Kant zu sagen:

“Die Vernunft muss an die Natur gehen, zwar um von ihr belehrt zu werden, aber nicht in der Qualität eines Schülers, der sich alles vorsagen läßt, was ein Lehrer will, sondern eines bestallten Richters, der die Zeugen nötigt, auf die Fragen zu anworten, die er ihnen vorlegt.” (Kritik der Reinen Vernunft, Band II-IV, Seite so-und-so)

kant_lectures

Heutzutage hat sich der Spieß um 180 Grad gewendet. Oder sogar um 720 Grad. Oder er rotiert überhaupt nur noch, ständig, verzweifelt, wie ein bestalltes Bio-Backhenderl über einem kalten LED-Fegefeuer. Im Jahre 2013 ist die Wirklichkeit eine post-empirische Gesellschaft, die sich selber jene Fragen vorlegt, auf die zu antworten sich wirklich niemand mehr genötigt fühlt.

Substanziell ist dies immer noch die gleiche Gesellschaft wie anno Kreisky oder früher, weil der sog. Mensch in wesentlichen Punkten – abgesehen von  EU und iPhone – als wenig verbesserlich zu gelten hat (und das gilt erst recht für den aktuellen, post-humanen Menschen). Nur die Repräsentations- und Machtverhältnisse, die ändern sich ständig. Also ist diese Österreichische Gesellschaft – HEUTE – nunmehr eine, die eine weitgehend entmächtigte und zerklüftete Polit- und Medien-Landschaft genau nach ihrem Abbild formen darf.  Im Internet hat sie sich selbst einen akkuraten Spiegel geschaffen; und im österreichischen Parlament, wie es scheint, einen weiteren. Blöd nur, dass gerade jetzt, wo endlich der Deckel vom Kochtopf ist, der Demokratie langsam der Dampf ausgeht.

Oder irgendwie so. Hauptsache, meine Gedanken, Analysen und Fragen zur NR-Wahl 2013 sind diffus, dürftig und gerade nicht wahr genug, um auch im Internet dauerhaft bestehen zu können. Vielen Dank fürs gemeinsame Zeit- und Sinnvertreiben, und für 100%-iges Mit-Dabeisein!

Dienstag, 24. September 2013

Winterreise

“Das Eis ist der Beweis, das etwas flüssig war.” (Elfriede Jelinek)

Sonntag, 8. September 2013

Heiligkeiten

Es gibt sie noch, die Länder in denen das Alltäglichste zugleich das Allerheiligste ist: 
In Estland, die Vogelbeere;
In Indien, die Kuh;
In Amerika, der Dollar.

Photo_Sorbus_aucuparia

Estnisches Heiligtum: Sorbus Aucuparia, die Vogelbeere.

Freitag, 16. August 2013

Pulp Fiction


Pulp_Fiction

“Now if you’ll excuse me, I’m going to go home and have a heart attack.”

Donnerstag, 25. Juli 2013

Schubhaftzentrum Vordernberg

Seit nunmehr zwei Wochen arbeite ich an einem Text über das neue Schubhaftzentrum Vordernberg, in der Steiermark. Der Text beruht auf einem längeren Gespräch, das ich mit einem der Architekten geführt habe: Michael Anhammer, von SUE Architekten, die 2010 den EU-weiten Wettbewerb für diess Schubhaftzentrum gewonnen haben. Es ist eine unglaublich schwierige Aufgabe, diesen Text in Form zu bringen, bei der Sache zu bleiben, zu dokumentieren und nicht vorschnell oder gar persönlich zu werten; und zugleich aber auch nicht nur in der technisch-architektonisch-administrativen Welt von “Lösungen” zu verharren. Nun aber drängt der Abgabetermin immer mehr, und ich brauche tatsächlich auch eine gute “Lösung”; es bleibt wie auch bei kniffeligen Roman-Kapiteln nur noch die physiche Bearbeitung mit der Schere.

Dabei scheint es mir, als sieht mein Text zunehmend auch aus wie das Schubhaftzentrum, mit seiner  ambivalenten Riegel-und-Finger Struktur:

vordernberg_Rendering

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Mittels eines Schubhaftzentrum wird “sortiert”, wer drinnen bleiben darf (in Österreich/in der EU) und wer nicht; und Textbearbeitung habe ich selten so stark als Zensur erlebt wie in diesem Fall. Es wird auch sortiert, und wie ich die Schnitte auch setze, die Entscheidung ist immer eine politische und ideologische. Es ist weniger eine Frage der Diskussion, sondern mehr eine Frage der Wechselseitigen Vereinahmungen, zwischen Gesellschaft, EU, Innenministerium, Architekten, Wirtschaft, Ort, Wertigkeit, Autorenschaft.



OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Vom Modell in die Wirklichkeit. Von der Idee zum Wort zur Plan zur gesellschaftlichen und gebauten Realität. Gefangen vom Diskurs, Diskurs der Gefangenschaft. Die Begriffe, die Legitimationen und Fragen begleiten die Entstehung dieses Gebäudes, die Entwicklung der Gesellschaft, sie treiben sie mal voran und hinken ihr dann wiederum nach.

Das Schubhaftzentrum Vordernberg wird jedenfalls im Dezember dieses Jahres fertiggestellt. Und dieser Text dazu erscheint mehr oder minder zeitgleich, in der Anthologie “Riots im Gläsernen Käfig” des Literaturhaus NÖ, herausgegeben von Robert Prosser.

Bitte fragt danach, ich glaube ich war selten mit so einer ethischen Gratwanderung konfrontiert, und kann SUE Architekten nur meine Respekt zollen, dass sie der Sache nicht aus dem Weg gegangen sind; und was Michael Anhammer dazu zu sagen hat, verdient gelesen und gehört zu werden. Denn soviel steht fest: “Einfache Lösung gibt es keine.”

PK SCHUBHAFTZENTRUM IN VORDERNBERG
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Dienstag, 23. Juli 2013

Adam Curtis

Nebulöse Taschenlampen, die den Weg durch den Kalten Krieg leuchten, in die von Zahlen, Marktwirtschaft, Ungleichheit, Psychoparmaka sowie Bill Clinton und Tony Blair beherrschte Glitzer-Welt der 1990er.

 Sowie maximale apokalyptische Dringlichkeit, untermauert von YouTube-Cut’nPaste-Arial-12Pt-Ästhetik, BBC-Glaubwürdigkeit (na ja, damals, wir schreiben 2007!), und sehr solider Ideologiekritik . . . . denn der einzige Umgang mit hegemonialer Propaganda ist nicht “Objektivität”, sondern echte DIY-Gegenpropaganda . . . und als solche überzeugt diese 3-Teilige Doku-Serie von Adam Curtis auf ganzer (bzw. zumindest suggestiv flirrender) Linie, weshalb ich um 2 Uhr früh immer noch wach bin; von kybernetisch-kapitalistischen Weltverschwörungen aufs Unheimlichste und Besorgniserregendste umsponnen:






Interessant übrigens, wie Curtis die letzten hundert Jahre in diesen Dokus eigentlich zu 100% ideengeschichtlich erklärt; obwohl die reichen Eliten als klare Gewinner der “Marktdemokratien” ausgewiesen werden, kommt (in Folge 1-2) an keiner Stelle der offensichtliche Vorwurf, sie hätten sich bewusst bereichert (Auf banales Eigeninteresse kann er wohl auch deswegen schlecht mit dem Finger zeigen, da er es ja unbedingt widerlegen möchte).

Bei Curtis sind es also allein die Ideen und Ideologien, die – ironischerweise sehr ähnlich dem von ihm kritisierten “Selfish Gene” – ein ganzes eigenes Leben führen, und sich in den Institutionen wie auch den Menschen (oder zumindest bei Margaret Thatcher) auf verherrende Weise einnisten.

And I wouldn’t be inclined to disagree with him…

Mittwoch, 17. Juli 2013

Learn to Dance (with the Animal Collective)



Wer es wie ich wohl wieder nicht zu einem ImpulsTanz Workshop schafft, bekommt hier die ebenso soghafte wie empfehlenswerte Kurzfassung von Hanna Piksarv, eine estnische Künstlerin, die ich beim DORF-TV Neujahr in Linz kennenlernte, wo allerdings nicht getanzt wurde, sondern globalisierungskritischer Bohneneintopf gelöffelt, Sekt geschlürft, und halb-philosophierend, halb-halluzinierend bis vier Uhr morgens abgehangen wurde.
PS: Die psychadelischen Klänge dieses Videos sind nun endlich auch identifiziert, es ist “I Think I Can” von Animal Collective:



Sonntag, 14. Juli 2013

Saure Kost


saure_kost
Weg mit Sodoms gift’gen Früchten samt Ägyptens Fleischgerichten
Weg mit aller sauren Kost!
Süß und rein muß der Christen Passah sein
Denn aus Jesus’ Wundenhöhle rinnet den erlösten Seelen Milch und Honig,
Wein und Most.
G. Ph. Telemann